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Arbeitsbericht der Kampagne 2014

14 Tunnel (Quelle von Nerik)

Die mangelnde Stabilitaet und das damit verbundene Gefahrenpotenzial im unteren Abschnitt des überwölbten Treppenganges ('Tunnel', 'Poterne') beschaeftigt die Ausgraeber bereits seit 2011. Liessen sich die Schaeden durch Einbau von Holzbalken und Stahlrahmen zunaechst beheben, trat bei Tunnelmeter 14,5, d.h. ca. 3m vor Beginn der Felskammer, ein Zustand ein, der eine jegliche Weiterarbeit verhinderte. Einerseits ist die südliche Tunnelwand auf einer Länge von ca. 1,5m erheblich beschädigt ist und andererseits steht die Tunnelverfüllung so hoch an, daß der notwendige vierte Stahlrahmen nicht mehr sicher im Boden verankert werden kann. Zur Sicherung der beschädigten Tunnelwand wurde von Prof. Werner Dahmann, einem Spezialisten für die Restaurierung denkmal-geschützter Bauten, eine Stabilisierung mit Spritzbeton (kuru shot crete) in Erwägung gezogen, jedoch konnte die dafür notwendige kleinformatige Trockenspritzmaschine trotz größter achtmonatiger Anstrengungen  (09/2013-06/2014) in der gesamten Türkei nicht beschafft werden.

            Zusammen mit den Architekturprofessoren und Baukonstrukteuren Brigitte Häntsch und Peter Arnke wurde eine Alternativlösung in Form eines von aussen seitlich an die beschaedigte  Tunnelwand herangeführten 1m breiten Schachtes entwickelt, die jedoch nach reiflicher Überlegung vor Beginn der Ausgrabungen 2014 wieder verworfen wurde. Grund ist die Überlegung, dass durch einen Schacht neue Probleme entstehen können. Verlaeuft z.B. eine breite Mauer durch den geplanten Schacht, muss das Vorhaben erneut abgebrochen werden. Ausserdem laesst sich nicht mit Sicherheit ausschliessen, dass ein Eindringen in den Tunnel von der Seite nicht doch einen partiellen Einsturz des Gewölbes zur Folge haette.

            Stattdessen entschied sich die Grabungsleitung die Meinung türkischer Fachkollegen einzu-holen. Prof. Dr. H. Murat Günaydın, Prof. Bülent Akbaş, Dr. B. Şenol Şeker und Dr. Ferit Çakır bestaetigten nach Besichtigung des Tunnels die Einschaetzung der Grabungsleitung, dass im unteren Tunnelabschnitt ohne ausreichende Stabilisierung nicht weitergearbeitet werden könne. Şenol Şeker und Ferit Çakır dachten - wie bereits Prof. Dahmann - an eine Stabilisierung mit shot-crete. und empfahlen eine Firma in Izmir, die jedoch lediglich über eine Maschine für Verputze verfügt, die für unser Einsatzgebiet nicht geeignet ist. Nach Diskussion mit ihren Kollegen wurde alternativ überlegt, mittels eines Bohrers die Felskammer am Ende des Tunnels anzubohren, den Zustand in der Kammer mit einer Kamera auszuloten, ggf. die Bohrung auf ca. 0,8m zu erweitern und die Freilegung der Kammer und des beschaedigten Tunnelabschnittes von dort aus durchzuführen (siehe beigefügten Bericht).

            Dieser Vorschlag stiess bei den deutschen Bauingenieuren und Restaurierungsfachleuten auf erhebliche Skepsis, da sie die Beschaedigung eines 3500 Jahre alten Bauwerkes, naemlich der Felsenkammer bedeuten würde. Ausserdem müsste die Bohrung vom Hof des Bauern Sefer Edis durchgeführt werden, dessen Haus ein Stück weit in die Ostseite des Oymaağaç Höyük hinein gebaut wurde. Dies würde ein erhebliches Sicherheitsrisiko (Raubgrabungen) darstellen. Schliesslich wird bezwei-felt, dass sich mit einem Handbohrer die erforderliche Bohrung realisieren liesse. Ein elektrischer Bohrer wiederum würde gefaehrliche Erschütterungen verursachen.

            Nach sorgfaeltiger Abwaegung saemtlicher Vorschlaege hat sich die Grabungsleitung daher entschlos-sen, den ursprünglichen Plan von Prof. Dahmann sowie Şenol Şeker und Ferit Çakır wieder aufzugrei-fen und die schadhafte Tunnelwand durch eine im Trockenspritzverfahren hergestellte Betonplombe zu sichern (siehe die Ausführungen von Prof. Dahmann). Dieses Verfahren bietet aus unserer Sicht die grösstmögliche Sicherheit bei geringstmöglicher Verletzung des Baudenkmals. Mit der Ausführung  soll die August Wolfsholz Ingenieurbau GmbH aus Leonberg beauftragt werden, die über die notwen-dige Ausrüstung und das Fachpersonal verfügt und langjaehrige Erfahrung in der Sicherung und Restaurierung denkmalsgeschützter Bauten in Deutschland besitzt. Die erforderliche Ausrüstung soll aus Deutschland eingeführt werden.

            Die auch von den türkischen Fachkollegen geforderten Vorarbeiten, insbesondere eine genaue Dokumentation des Ist-Zustandes, wurden 2012 begonnen und 2014 abgeschlossen. Prof. Dr. Martin Kaehler und sein Team haben den Tunnel in seiner gesamten Laenge, d.h. auch den beschaedigten Abschnitt,  mit Laserscanner und stereometrischen Kameras fotogrammetrisch aufgenommen und ein originalgetreues 3D-Modell erstellt, das an jeder beliebigen Stelle Profilschnitte und ein zenti-metergenaues Messen ermöglicht.

            Gegenwaertig ist der  Tunnel mit einer mehrreihigen Wand aus Sandsäcken und Stacheldraht verschlossen. Vier Plastikrohre mit ca. 20cm Durchmesser, die zwischen den Säcken liegen, dienen der Entlüftung. Dieses Verfahren hat sich im vergangenen Winter bewaehrt. Das Tunnelinnere blieb trocken.

 

 
 
01 Projektteilnehmer
 
02 Arbeiter
 
03 Grabungshaus
 
04 Informationsschilder
 
05 Vermessungsarbeiten
 
06 Fieldschool
 
07 Zooarchaeologie: 7685, 7488 und 7588 (K. Kunst)
 
08 Zooarchaeologie: 7383 (H. Böhm)
 
09 Anthropologie: (K. Marklein)
 
10 Paleobotanik
 
11 Keramikbearbeitung
 
12 Experimentelle Archaeologie
 
13 Archaeometrie
 
14 Tunnel (Quelle von Nerik)
 
15 Silobau
 
16 Hellenistisch-römisch-byzantinische Nekropole
 
17 Eisenzeitliche Gruben
 
18 Hethitischer Tempel
 
19 Textfunde 2014
 
20 Dendrochronologische Datierungen
 
21 Schutz der Grabungsareale
 
22 Kleinfunde und Kollektionen
 
23 Öffentlichkeitsarbeit
 
24 Publikationen
 
 
Kategorie
Reports 2014
Angelegt von
Prof. Dr. Rainer M. Czichon
Anlage
01.11.2014 16:01
letzte Änderung
04.05.2015 17:19
durch
Prof. Dr. Rainer M. Czichon
   
 

 

 

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